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Sowohl-als-Auch

Mache ich in einer Beratung kenntlich, von welchem System aus ich was als Umwelt betrachte dann wird deutlich, welche Unterscheidung ich vornehme und wie ich diese bezeichne. Je nach Systemblick der Beobachterin entstehen andere Umwelten mit jeweils anderen Systemen. Blicke ich Richtung Meer sehe ich eine maritime Umwelt. Schaue ich zu den Dünen im Hintergrund finde ich ein ganz Biotop aus Strandhafer uvm.

 

Beobachten ist ein aktiver und sinngebender Prozess, wie in dem Fallbeispiel beschrieben:

 

Die Beraterin moderiert einen Teamkonflikt, der sich an der Frage entzündet hat „Ventilator ein – Ventilator aus“ und inzwischen zu Streit im ganzen Team führt. Auch die Geschäftsführung ist involviert, hat sie doch schließlich für ein „angenehmes (Raum)-klima zu sorgen“. Hintergrund ist, dass die Temperatur der Büroräume in den Sommermonaten häufig über die zulässige Grenze steigt. Da die zuständige Hausverwaltung verspricht, in absehbarer Zeit eine Klimaanlage einzubauen, werden ad hoc Ventilatoren unterschiedlicher Größe angeschafft. Was als naheliegender Kompromiss inhaltlich von allen geteilt wurde, wird auf der Beziehungsebene zum Problem: Wer definiert, wann der Ventilator störend wird, weil der Luftzug als unangenehm empfunden wird? Wer hat das Recht zu entscheiden, wann es zu viel oder zu wenig ist? Wer darf über andere bestimmen? So werden über den Ventilator wesentliche Fragen von Macht, Deutungshoheit und Loyalität ausgetragen, weil sich Teammitglieder wechselseitig „Rücksichtslosigkeit“ vorwerfen.

 

Die Beraterin hält sich nicht lange damit auf, die Unterschiede zu befrieden sondern wendet sich, als Beobachterin der wechselseitigen Zuschreibungen, gleich den Kommunikationsmustern zu: „Unterschiedliche Bedürfnisse finden sich in Teams regelmäßig, auch hinsichtlich des Raumklimas. Wenn Person A den Ventilator ausschaltet, wie nimmt Person B das auf und welche Resonanzen und Reaktionen löst das bei Person B aus? Und umgekehrt, welche Bedeutung gibt Person A diesem Verhalten? Welche Auswirkungen hat das und jenes auf das Team?“

 

In der Beratung gehen Beratende und Beobachtende „in den Schuhen der Erzählenden“. Es ist nicht erforderlich etwas gut oder richtig zu finden, um es zu akzeptieren. Differenzen können verträglich, respektvoll und wertschätzend nebeneinandergestellt werden. Ambivalenzen zugelassen werden, ohne sie aufzulösen. Die Haltung des „Sowohl-Als-Auch“ nimmt Anteil ohne eine Meinung teilen zu wollen. Die vollständige Akzeptanz ist eine professionelle Haltung, die Abwehrhaltungen und Unsicherheit in der Beratungssituation verringert. Sie schafft Vertrauen eigene Fehler mit-zu-teilen und selbstverantwortlich Veränderungsschritte zu gehen.