Vorneweg hat mich beeindruckt, dass der Verein "Perspektive Landwirtschaft" mit 800 Mitgliedern, ein so breites Echo in Politik, Wissenschaft und Bildung, landwirtschaftlichen Organisationen und Verbänden, als auch an der Basis der Bäuerinnen und Bauern gefunden hat. Die Glückwünsche zum zehnjährigen Bestehen des Vereins wurden fast ausnahmslos vor Ort überbracht und nicht, wie häufig üblich als Videobotschaft.
In vielen Wort-Beiträgen drückte sich Übereinstimmung darin aus, dass landwirtschaftliche Betriebe in ihrer Vielfalt fortbestehen sollen. Kleinbäuerliche (Berg-)Bauernbetriebe, ökologische Landwirtschaft und innovative Hofkonzepte werden als Zukunftsmotoren gesehen. Sie sind Existenz- und Ernährungsgrundlage vieler Menschen. Ihre Wirtschaftsweise steht nicht in Widerspruch zur Ernährungssicherheit - wie das die Agrarlobby glauben machen möchte.
Gelernt habe ich, dass das Denken im Verkehrswert -statt im niedrigeren Ertragswert- einen grundsätzlichen Wertekonflikt darstellt. Es entscheidet darüber, ob ein Betrieb weitergeführt wird und von wem. Ob neue Nachbar*innen das Dorf beleben oder nur (Pacht-)Flächen akkumuliert werden.
Nachvollziehbar auch, wie wichtig das Gespräch und das Ansprechen von Konflikten in der inner- und außerfamiliären Übergabe ist. Die Übergabe rechtzeitig (ab 50 Jahren) beginnen. Der Prozess dauert seine Zeit. Bei Übergaben in der Familie dauert diese im Durchschnitt 6,5 Jahre. Haben Übergebende keine Kinder oder die Kinder wollen nicht, fällt es schwerer einen Weg zu finden und die Entscheidung wird auf die lange Bank geschoben.
Manches Mal geht die Hofnachfolge auch schnell, wenn Übergebende schon klare Vorstellungen äußern und ihre Bedürfnisse aussprechen. Sympathie, Offenheit, Respekt und Wertschätzung spielen eine große Rolle - für beide Seiten.
Geblieben ist mir die offene Frage, was meist gut ausgebildete Frauen brauchen, um (wieder) auf's Land zu gehen? Die Entscheidung aus einer Region wegzugehen, Berufserfahrung in gut bezahlten Jobs zu sammeln, Karrieremöglichkeiten auszuschöpfen, finanzielle und soziale Sicherheit zu finden usw. sind alles gute Gründe. Reicht es dann, die Kinder auf dem eigenen Hof rumrennen zu sehen oder die Sinnhaftigkeit des Tuns zu schätzen? In der Diskussion dieser Frage wären wohl Aspekte wie Kita-Plätze, gute Schulen, Gesundheitsversorgung, Hilfe bei der Pflege von Angehörigen oder auch Kultur-, Sport- und Freizeitmöglichkeiten genannt worden, how knows?
Offen blieb für mich auch die Frage nach der Verantwortung von Kommunen und Gemeinden, kommunale Flächen für Landwirtschaft und Naturschutz vorzuhalten, im Sinne einer nachhaltigen Grundstücksvorratspolitik. Für Kleinst-Betriebe sind solche Flächen oft der einzige Zugang zu Land.
Alles in allem ein spannender Austausch und eine gelungene Tagung!