....finanzielle Verluste und Auswirkungen des Klimawandels.
Im Part 2 zeige ich anhand der Studie auf, dass es einen hohen Forschungsbedarf und wenig Wissen dazu gibt, wie es Landwirtinnen geht (und den im Betrieb mitarbeitenden Familienangehörigen). Gibt es Studien zur Frauengesundheit in der Landwirtschaft? Und weiter: Wie geht es den in der Landwirtschaft erwerbstätigen Wander- und Saisonarbeiter*innen und welchen (psychischen) Belastungen sind sie ausgesetzt? Welche Gruppen sind gar nicht im Fokus von Befragungen und Studien?
Zunächst zitiere ich wieder aus der Zusammenfassung der im Dezember 2024 veröffentlichte Studie der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA). Sie liefert zum Thema „Psychische Gesundheit in der Landwirtschaft“ wertvolle Erkenntnisse aus Sekundärforschung und aus Interviews mit wichtigen Branchen-Akteuren (Hervorhebungen von mir):
„Demografische Faktoren und die Art der Landwirtschaft erhöhen die Gefährdung durch psychosoziale Risiken
Laut Fachliteratur und Branchenakteuren sind Frauen, Saison- und Wanderarbeiter sowie jüngere und ältere Erwachsene besonders anfällig für psychosoziale Risiken in der Landwirtschaft. Darüber hinaus sind die Zugehörigkeit zu einer Bauernfamilie und die Beschäftigung in spezialisierten, industriellen und konventionellen landwirtschaftlichen Produktionszweigen (z. B. Schweinezucht, Milchproduktion) mit einer höheren Gefährdung durch psychosoziale Risiken verbunden als die Ausübung einer vielfältigen oder ökologischen Landwirtschaft.
Für Landwirtinnen und Landarbeiterinnen bestehen zwei spezifische Risiken. Erstens können die Rolle der Frau in landwirtschaftlichen Familien und die damit verbundenen sozialen Erwartungen sowie die Belastung durch die Hausarbeit zu Rollenkonflikten und Stress führen. Gleichzeitig ist das Risiko häuslicher Gewalt in abgelegenen ländlichen Gebieten ein zusätzlicher Vulnerabilitätsfaktor. Zusätzlich zu diesen Stressfaktoren müssen Landwirtinnen und Landarbeiterinnen, die fast ein Drittel der Arbeitskräfte ausmachen, mit Herausforderungen wie Landrechten und Nachfolgeplanung, beruflicher Anerkennung und Inklusion, Einkommensungleichheit und Diskriminierung beim Zugang zu landwirtschaftlicher Bildung, Finanzmitteln und Technologie fertig werden. Darüber hinaus kann es im Zuge der Entwicklung der Geschlechterrollen zu Konflikten zwischen Männern und Frauen in diesem Sektor kommen, was sich zusätzlich auf die psychische und emotionale Gesundheit beider Gruppen auswirkt.“ (2)
Gesundheitliche Risiken für Landwirtinnen sind vielfältig und wenig erforscht. Studien zur „psychischen Gesundheit“ subsumieren Frauen häufig unter allgemeinen Betrachtungsweisen. Frauen, Gesundheit und Landwirtschaft - Veröffentlichungen zum Thema, die ich kenne, sind Jahrzehnte alt. Wenige Ausnahmen im deutschsprachigen Raum, wie die häufiger von mir zitierte Landfrauenstudie formuliert einschlägige Ergebnisse der Befragungen von Landwirtinnen. Aber politische Handlungsempfehlungen, beispielsweise den Mutterschutz für selbständige Landwirtinnen den gesetzlichen Vorgaben gleichzusetzen, wurden nach der Studie nicht umgesetzt.
Die Studie der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) führt weiter aus: „Junge und ältere Landwirte sowie Landarbeiter sind besonderen psychosozialen Risiken ausgesetzt. So besteht beispielsweise ein Zusammenhang zwischen der Berufserfahrung und den Bewältigungsmechanismen und der Resilienz. Zu den spezifischen Risiken für jüngere Landwirte zählen mangelnde Erfahrung in der Landwirtschaft und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Fortführung des Familienbetriebs. Letzteres hängt insbesondere mit bürokratischen und rechtlichen Hürden zusammen. Darüber hinaus sind die Kinder von Landwirten von klein auf Konflikten zwischen Beruf und Familie ausgesetzt. Generationenübergreifende Konflikte im Zusammenhang mit der Modernisierung der Landwirtschaft können zu Familienkonflikten beitragen. Die Nachfolge in der Landwirtschaft und Einkommenssorgen im Ruhestand sind ebenfalls Stressfaktoren für ältere Landwirte, die sie dazu veranlassen, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten. So beeinträchtigen physiologische Veränderungen und Begleiterkrankungen die körperliche Leistungsfähigkeit älterer Landwirte und Landarbeiter und erhöhen ihr Risiko, einen Arbeitsunfall zu erleiden, was wiederum ein Stressfaktor für die psychische Gesundheit ist.
Migranten und Saisonarbeiter machen einen wachsenden Anteil der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft aus. Zu den Herausforderungen, denen diese Gruppe von Arbeitnehmern ausgesetzt ist, gehören physisch, psychisch und/oder sexuell missbräuchliche Arbeits- und Lebensbedingungen, Einschränkungen der Freiheit sowie irreguläre, manchmal illegale Beschäftigung. Ländliche Gebiete sind als „medizinische Wüsten” bekannt. Die begrenzte Gesundheitsversorgung in Verbindung mit rechtlichen Problemen, die durch sprachliche und kulturelle Barrieren noch verschärft werden, verstärkt die erheblichen Auswirkungen dieser Risikofaktoren. Darüber hinaus erhöhen Diskriminierung und Rassismus seitens der lokalen Bevölkerung sowie die Trennung von der Familie die Wahrscheinlichkeit von psychischen Belastungen und verschlimmern Stressfaktoren, die mit Einsamkeit und sozialer Isolation verbunden sind. Gering qualifizierte Landarbeiter haben größere Bedenken hinsichtlich Konflikte am Arbeitsplatz und sind anfälliger für psychische Gewalt durch Arbeitgeber. Einkommens- und Arbeitsplatzunsicherheit wirken sich zusätzlich auf das Stressniveau von Migranten, Saisonarbeitern und gering qualifizierten Arbeitnehmern aus.
Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Queers und andere (LGBTQ+) Personen können ebenfalls einem erhöhten Risiko für psychische Probleme ausgesetzt sein; jedoch wurde dieser Faktor weder in der Literatur noch von den Akteuren des Sektors diskutiert.“ (3)
Eine weitere Leerstelle in der zitierten Studie, die in der EU nicht beforscht wird. Ganz vereinzelt tauchen mal Berichte, Interviews und Erzählungen von LGBTQ+ Personen in der Landwirtschaft in deutschsprachigen Medien auf.
Politische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit findet sich zum Thema bei der weltweit aktiven Organisation via campesina (auch D-A-CH aktiv).Via campesina setzt sich für die Rechte von Wander- und Saisonarbeiter*innen ein.
Eine sehr lesenswerte und aktivistische Website ist civileats aus Kalifornien/USA. Hier mit einem Artikel zu Queer BiPoc Farmers.
Die Studie der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) fährt fort: „Niedrige Löhne, hoher Leistungsdruck und prekäre Arbeitsbedingungen sind keine Seltenheit in der Agrarbranche, werden jedoch selten öffentlich thematisiert.“ (4)
Das PECO-Institut engagiert sich hier gemeinsam mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) für eine nachhaltige Bildung unter anderem in den Bereichen „Arbeitsmigration und Saisonarbeit, Soziale Sicherung für Beschäftigte, Geschlechtergerechtigkeit, sowie die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit von Beschäftigten.“ Mit Blick auf Arbeits- und Ausbildungsbedingungen in den Grünen Berufen setzt das PECO-Institut vielfältige Projekte um.“ (Homepage aufgerufen am 13.08.25 https://www.peco-ev.de/ansatz/ )
Insbesondere auf die Veröffentlichungen und Schulungen des PECO-Instituts für Geschlechtergerechtigkeit und Sensibilisierung für Grenzverletzungen in der Landwirtschaft, möchte ich Sie hinweisen. Die „Initiative Faire Landarbeit“ mit dem Ziel die Situation von Saisonarbeiter*innen zu verbessern oder die Studie zu Arbeitsbedingungen von Saisonbeschäftigten in Zulieferketten von Supermärkten, sind weitere wichtige Projekte des PECO-Instituts.
Die Studie der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) stellt abschließend fest:
„Psychische Gesundheitsprobleme sind weit verbreitet
Studien zeigen, dass die Selbstmordrate unter Landwirten und Landarbeitern in der EU und weltweit statistisch gesehen höher ist als in anderen Berufsgruppen. In einer Studie gaben 20 % der Landwirte an, Selbstmordgedanken zu haben. Zu den Risikofaktoren für Selbstmord zählen lange Arbeitszeiten, finanzielle Unsicherheit, schlechte soziale Beziehungen und der Zugang zu tödlichen Mitteln (z. B. Chemikalien, Medikamente, Schusswaffen und Seile). Unvorhergesehene Ereignisse wie wirtschaftliche Rezessionen können die Suizidgefahr erhöhen und Änderungen bei den Einkommenszuschüssen können für Landwirte einen zusätzlichen Stressfaktor darstellen. Ebenso können anhaltende widrige Wetterereignisse zu Suiziden beitragen.
Stress ist die häufigste Reaktion auf psychosoziale Stressfaktoren, wobei finanzielle Unsicherheit der Hauptgrund ist. Weitere Faktoren sind regulatorischer und administrativer Druck, disruptive globale Probleme (z. B. der Krieg in der Ukraine), die Sicherung des Betriebs für künftige Generationen und die einzigartige Stellung der Landwirtschaft im makroökonomischen System. Müdigkeit wird durchweg mit negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit in Verbindung gebracht, wobei gestörte Schlafmuster das Risiko von Verletzungen und Krankheiten erhöhen. Daher sind Initiativen in einigen EU-Mitgliedstaaten, die Entlastung und Ersatzarbeitskräfte bereitstellen, eine unschätzbare Unterstützung für Landwirte und Landarbeiter. Darüber hinaus verschärfen soziale Isolation, Entfremdung und mangelnde soziale Unterstützung das Ausmaß der Belastung erheblich. Diese Faktoren werden durch öffentliche Vorurteile gegenüber Landwirten und verinnerlichte Werte in der Landwirtschaftskultur noch verstärkt, was sich auf das Hilfesuchverhalten auswirkt. Wenn psychische Probleme auftreten und die Belastung zunimmt, kann dies zu einer verstärkten Selbstisolation führen. Dies kann die Fähigkeit, Hilfe zu suchen, weiter beeinträchtigen, die ohnehin schon durch die geringe Verfügbarkeit von Gemeinschaftsressourcen und durch kulturelle Normen in ländlichen Gebieten eingeschränkt ist.
Depressionen, Burnout und Angstzustände sind weitere häufige negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Laut Umfragen zeigte fast die Hälfte der befragten Landwirte und Landarbeiter Symptome einer Depression, jeder vierte Befragte litt unter Burnout und jeder fünfte hatte Symptome einer Depression. Konflikte zwischen Arbeit und Familie, Altlasten, hohe Arbeitsbelastung, finanzielle Unsicherheit, Aufgabenverteilung, mangelnde soziale Unterstützung, soziale Beziehungen und Druck durch Wirtschafts- und Umweltpolitik tragen zu Depressionen und Burnout bei. Frauen werden häufiger mit Angststörungen diagnostiziert als Männer, und eine Vielzahl von Sorgen um die Gesundheit – sei es die Gesundheit von Tieren, Pflanzen, Landwirten oder Familienmitgliedern – tragen erheblich zu Angstgefühlen bei. Weitere gesundheitliche Folgen im Zusammenhang mit psychosozialen Risiken im Agrarsektor sind Drogenmissbrauch, Gefühle von Wut und Frustration sowie die Entwicklung von Muskel-Skelett-Erkrankungen.
Die Extrapolation von Erkenntnissen über die Auswirkungen der psychischen Gesundheit auf landwirtschaftliche Betriebe ist schwierig, da neun von zehn EU-Betrieben Familienbetriebe sind, in denen mindestens die Hälfte der Tätigkeiten von Landwirten, ihren Kindern, Verwandten und Partnern ausgeführt wird. Die meisten Landwirte sind zudem noch anderweitig beschäftigt, was die Situation weiter verkompliziert. Tatsächlich gibt es nur wenige Veröffentlichungen zu den organisatorischen Folgen psychischer Gesundheitsprobleme von Landwirten und Landarbeitern. Aus den verfügbaren Informationen geht hervor, dass Fehlzeiten, Fluktuation und die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrenten potenziell negative Auswirkungen haben, die das Überleben von Unternehmen, die öffentlichen Ausgaben und die Fluktuationsraten der Beschäftigten gefährden.
Aufgrund des Mangels an umfassenden Daten ist es schwierig, die Prävalenz (Anmerkung: Anteil der erkrankten Personen an der Gesamtpopulation) psychosozialer Risiken und das Ausmaß anderer psychischer Gesundheitsprobleme in diesem Sektor zu quantifizieren, obwohl das Bewusstsein für die Bedeutung der psychischen Gesundheit zunimmt.“ (5)
Lesen Sie weiter im Blog-Beitrag (Part 3) zum Thema!
(1) Seite 3, Summary Mental Health in agriculture: preventing and managing psychosocial risks for farmers and farm workers © European Agency for Safety and Health at Work, 2024
Authors: Evelyn Donohoe, Francesco Camonita, Valentina Tageo, Camille Guey, Ilana Zejerman, Laura Todaro, Lode Godderis and Anke Boone.
(2) Ebenda, Seite 5
(3) Ebenda, Seite 5
(4) Ebenda, Seite 3
(5) Ebenda, Seite 5-6
Aus dem Englischen übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)